Apotheke Kirschbaum: Vergessene Heilkräfte

Apotheke Kirschbaum: Vergessene Heilkräfte

Thorsten hatte von meinem Kirschsaft getrunken und berichtete, dies habe gegen seine Gelenkschmerzen geholfen. Am Tag danach waren die Schmerzen weg. Man kann eigentlich immer wieder staunen, welche Reichtümer ein Garten zu bieten hat – sofern er nicht zum Opfer von Ordnungsfanatikern, Vorgarten-Kastrierern, pflanzenfeindlichen Grillmeistern, prolligen Bier- und Schnapstrinkern, Rasen-Neurotikern, Tuja-Fanatikern oder Schnulli-Liebhabern geworden ist. Ein gewisses Interesse am Lebendigen vorausgesetzt, kann man ein Leben lang von der Natur im Garten lernen und sie außer zur Erholung, zum Genuss, auch zur gesunden Ernährung und als Apotheke nutzen.

Früchte gegen Gicht und Rheuma

So bietet eben auch ein Süßkirschbaum (Prunus avium L.) dem Menschen weit mehr als nur leckeres Saisonobst. Kirschen gelten als ausgesprochen gesund, wenn auch leicht abführend – anders gesagt verdauungsfördernd und harntreibend und somit hilfreich gegen Verstopfungen. Je roter die Kirsche, desto mehr Farbstoff Anthozyan enthält sie. Das ist der rote Pflanzenfarbstoff, der nicht nur dauerhafte Flecken macht und also zur Violettfärbung von Stoffen verwendet werden kann, sondern eben innerlich auch entzündungshemmend bei Rheuma und Gicht wirkt und positiv dem Bindegewebe hilft. Gegen Gicht und Rheuma soll auch das enthaltene Spurenelement Molybdän wirken, das den Harnsäurespiegel senkt. So erklärt sich, warum Thorsten plötzlich weniger Schmerzen in Knie und Schulter hatte. Denn für den Saft verwende ich gerne die sehr dunklen, besonders reifen Kirschen, die anders kaum noch zu verwerten sind und wahrscheinlich nie den Weg ins Obstregal bei Edeka fänden.

Stiel-Tee gegen Husten

Üblicherweise erntet man die Kirschen mit Stiel, damit sie an der Pflückstelle nicht so schnell zu faulen beginnen. Der Stiel wird dann vor Verzehr weggeworfen. Unbekannt ist vielen, dass die Stiele selbst eine fiebersenkende Heilwirkung gegen Bronchitis oder Infekthusten entfalten. Dazu kann man die Kirschen gleich mit (gewaschenem) Stiel in den Entsafter geben und hat die Wirkung integriert – oder man trocknet die Stiele getrennt und bereitet im Winter daraus schleimlösenden Tee, der auch gegen „Blutarmut“ (= Mangel an roten Blutkörperchen) helfen soll. Auch aus den Kirschblüten kann man übrigens Tee bereiten – aber da freuen wir uns doch eher auf die Früchte.

Statt Tabak Kirschbaumblätter

Grundsätzlich kommen bei mir immer zwei bis vier Blätter vom Kirschbaum mit in den Koch-Entsafter. Sie geben dem Saft nicht nur eine leicht herbe, besondere Note, sondern enthalten ebenfalls genannte Wirkungen wie die Stiele. Sicher weniger gesund aber auch möglich ist es, die Blätter als Tabak- oder als Zigarettenpapierersatz zu nehmen und sich eben mit einem Blatt einen Zigarillo zu drehen.

Kerne mahlen und ins Müsli

Selbst die Kirschkerne muss man nicht wegwerfen. Einfach sammeln und entweder zermahlen oder nutzen, um Kirschkernkissen herzustellen. Das Kernmehl kann in geringen Mengen ins Müsli gemischt, als Teebasis verwendet oder ebenfalls in Wein gerührt werden und hilft dann angeblich gegen kleine Blasen- und Nierensteine. Ein Kirschkern-Kissen kann man z.B. in der Mikrowelle erwärmen und dann zum Abbau von Verspannungen über Nacht auf Schultern oder Nacken legen. Wer es kennt, schwört drauf!

Reicher Vitamin- und Mineralien-Cocktail

Kirschen sind reich an Vitamin A, C und E sowie an den Vitaminen der Gruppe B (B1, B2, B6). Sie schützen daher vor Sommergrippe und Erkältungen und wirken nervenberuhigend. Noch ist gar nicht komplett erforscht, welche Wirkstoffe ein Süßkirschenbaum ansonsten noch bereithält. Bekannt sind: Organische Säuren, Gerbstoff, Zucker, Provitamin A, Enzyme. Eisen, Zink und Phosphor üben einen guten Einfluss auf den Hormonhaushalt aus. Magnesium, Kalzium, Kalium, Natrium und Mineralsalze, aber auch Folsäure und Gerbstoffe beugen Krankheiten vor. Kalium wirkt entwässernd auf den menschlichen Organismus. Cumarine, Anthocyane sowie Catechine und Flavonoide tun dem Organismus gut. Zur Zeit wird erforscht, ob Süßkirschen vorbeugende Wirkung gegen Krebs haben.

Baumharz in den Tee

Kirschbäume neigen an Schnitt- oder Verletzungsstellen zum „Bluten“. Es bilden sich dicke klebrige Harzwülste. Auch dieses Harz kann verwendet werden: Zwei etwa erbsengroße Kügelchen 10 Minuten kochen ergibt einen intensiven Sud, der gut gegen Husten hilft. Früher hat man Harzstücke in Wein aufgelöst, heute weiß man mehr über die ungesunde Wirkung des Alkohols und würde generell eher die Teelösung wählen. Oder man macht einen Alkoholauszug daraus und stellt eine konzentrierte Tinktur her, die man dann auf den Teelöffel träufeln kann. Auch die Rinde kann man übrigens verwenden, aber zuviel davon ist giftig, daher Vorsicht!!

Schönheit innen und außen

Das Holz des Kirschbaums ist von besonderer Schönheit. Kein anderes Material hat diese ruhige, edle Maserung und zugleich warme Färbung. Kirschholzmöbel sind m.E. neben alten Birkenmöbeln die schönsten, die es gibt. Und im Herbst bietet der Baum in manchen Jahren ein sensationelles Herbstlaub-Farbspiel von Sonnengelb bis Weinrot.

Barbarazweig bringt Weihnachten das Frühjahr

Ein schöner Brauch ist es, am Barbaratag (4. Dezember) einen Kirschenzweig zu schneiden und ihn in einer Vase ins warme Zimmer zu stellen. Bis Weihnachten treibt der Zweig Blüten und verbreitet im Winter Frühlingsstimmung. So verbessert die Kirsche nicht nur die Gesundheit, sondern hilft auch dem Gemüt.

6 Aufrufe – LDS: 07.03.2025


Hinweise nach UrhG

Beitragsbild: Free Photos @pixabay, 27.07.2021.

Verwendung des PICR-Logos mit freundlicher Genehmigung durch PICR, 19.05.2024.


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