„Es funktioniert, auch wenn keiner wirklich weiß, wie und warum.“ Dieser Satz könnte gleichermaßen für die Quantenphysik und deren Anwendungen gelten, wie für die Homöopathie. Die Quantenmechanik wurde vor ca. 100 Jahren theoretisch begründet, praktische Anwendungen werden erst in jüngster Zeit entwickelt [1]. Die Homöopathie entstand dagegen aus praktischer Beobachtung und Anwendung schon vor ca. 200 Jahren, ihr fehlt bis heute die letzte theoretische Begründung [2]. Es gibt nun Anzeichen, dass ausgerechnet die Physik eines Tages die Wirkungsweise der Homöopathie „erklären“ könnte [3].
In der Quantenwelt gelten physikalische Gesetze, die der menschlichen Alltagserfahrung völlig zuwiderlaufen. Hierzu zählt auch das Alltagsverständnis von Wissenschaft, vor dessen Hintergrund der Homöopathie oft Unwissenschaftlichkeit vorgeworfen wird. „Von Nichts kommt nichts“ pflegten vor einigen Jahrzehnten Lehrer noch zu sagen und versuchten so, mehr Fleiß bei ihren Adäpten einzufordern. Aber: Tatsächlich können atomare Teilchen „aus dem Nichts“ entstehen (siehe auch: Casimir-Effekt) [4]. Das Vakuum ist nicht leer, sondern hat ein gewisses Energieniveau (Nullpunktsenergie) [5]. Der eiserne newtonsche Grundsatz, wonach ein Körper nicht an zwei Orten zugleich sein kann, gilt nicht immer für atomare Partikel. Ihr Schwingungszustand (Spin) muss nicht eindeutig sein, sondern wird erst fixiert, wenn gemessen wird (Superposition) [6]. Bei manchen Phänomenen wissen wir nicht, ob es sich um eine Schwingung (Welle) oder um Materie handelt – beides ist nachweisbar und doch eigentlich gleichzeitig unmöglich. Die Zeit fließt nicht kontinuierlich, sondern „springt“ in kleinsten Zeitquanten [7]. Verschränkte Lichtstrahlen zeigen Bilder von Gegenständen, auf die sie niemals getroffen sind – selbst die Forscher sprechen von „Ghost Imaging“ [8] – ein Begriff, bei dem sich Streitern für’s rational-wissenschaftliche Alltagsverständnis die Fußnägel hochrollen müssten. Wie kommt das alles zustande? Keiner kann es sich vorstellen, aber es gibt mathematische Formeln, die es beschreiben. „Shut up and calculate“ rufen sich pragmatische Physiker dann gern zu [9]. Der bekannte Quantenphysiker Richard P. Feynman: „Ich hoffe, dass Sie die Natur so akzeptieren können, wie sie ist – absurd“ [4].
Und dann noch die „Verschränkung“: Teilchen-Paare scheinen materie- und zeitlos miteinander in Resonanz zu stehen; trennt man die durch „Quanten-Liebe“ verbundenen Partikel – ob Kilometer oder Lichtjahre, macht theoretisch keinen Unterschied – ändert das nichts an ihrer Verbundenheit. Wird der Zustand eines Partner-Teilchens verändert, ändert sich im selben Moment der Zustand des anderen Teilchens. Eine Analogie zur Resonanz liegt nahe, doch findet bei Verschränkung keine (nachweisliche) Informationsübertragung statt. Selbst Albert Einstein war dieses physikalische Phänomen nicht geheuer, er nannte es eine „spukhafte Fernwirkung“ und hielt diese für eine Täuschung. 2015 konnten niederländische Wissenschaftler endgültig den Beweis erbringen, dass Verschränkung existiert und nichts mit bloß noch nicht entdeckten Variablen zu tun haben kann (Bell-Test) [11] – hier irrte Einstein also und den „Spuk“ gibt es wirklich.
© Videorechte: 5096.1
Wenn sogar das menschliche Auge imstande ist, einzelne Photonen zu sehen bzw. zu „erfühlen“ [12], dann ist es doch nicht unwahrscheinlich, dass die Quantenwelt allgemein Einfluss auf das Leben hat – und damit letztlich auch auf unsere Gesundheit. Schon 1997 haben französische Forscher übrigens bewiesen, dass quantenphysikalische Zustände von einem einzelnen Atom auf seine Umgebung „abfärben“ können und dass damit die Gesetze der Quantenphysik für begrenzte Zeit auch im Makrokosmus gelten [13].
Die Forscher um Alipasha Vaziri (Rockefeller University New York), aber beispielsweise auch eine Forschergruppe der Universität Basel, wollen herausfinden, ob Eigenschaften von atomaren Partikeln, wie etwa die Verschränkung, schon mit dem menschlichen Auge wahrgenommen werden können. Vielleicht ist nicht nur das Auge sensibler als gedacht, der gesamte Mensch ist schließlich mehr als die Summe seiner Zellen und Organe. Selbst auf dieser einfachen Ebene weiß die Wissenschaft nicht alles, wie jüngst erst die Entdeckung eines „neuen Organs“ im Menschen bewies [14]. Die menschliche Nase kann 4 Milligramm Methylmercaptan (Knoblauch) noch riechen, wenn sich die Menge auf 100 Millionen Kubikmeter Luft verteilt [15] – würden Homöopathie-Gegner auch für diesen Fall behaupten, die Menge sei so klein, dass „nichts“ mehr nachweisbar ist? Wie kann man heute noch stur behaupten, dass wenige Moleküle einer Substanz schlicht keine Wirkung auf Organismen haben können?
Man kennt dieses Phänomen auch physikalisch. Wenige Atome eines anderen Elements „verschmutzen“ ansonsten hochreine Einkristallsubstrate so, dass wir einen Halbleiter erhalten („Ionenimplantation“) – heute ein nicht mehr wegzudenkender Grundbaustein unserer elektronischen Sekundärwelt [16]. Wenige Atome verändern die Eigenschaften eines physikalischen Körpers völlig, in der Physik spricht man von (noch weitgehend unerforschter) „Emergenz“. Physiker wie Anton Zeilinger räumen ein, dass derartige Qualitätssprünge nur durch Annahme einer Kategorie der „Information“ erklärbar sind. Was geschieht z.B. beim Auskristallisieren – woher wissen Millionen Atome, wie sie sich zu einem idealen Gitter zusammenfinden? Wie bilden sich magnetische Festkörper? Wie entsteht Superleitfähigkeit bei niedrigen Temperaturen? Wie entsteht Leben? Wie entsteht das Bewusstsein?
Wo findet der Physiker diese Informationen? Wird – vergleichbar zum Graviton – demnächst ein atomares Partikel namens „Informaton“ oder „Geistteilchen“ zu postulieren sein, das diese „Ordnungs- und Gestaltungsinformationen“ beherbergt und vielleicht gar ein Hort der „Lebenskraft“ (Autopoeisis) wäre, von deren Existenz die Homöopathie ausgeht? Auch das bislang nicht nachgewiesene Graviton ist schließlich nur ein Postulat, das im Standardmodell der Teilchenphysik noch keinen Platz gefunden hat. Woher stammt dieser Drang, diese Kraft des Lebens, entgegen der Entropie immer komplexer werden zu wollen, zu „emergieren“, und immer neue Qualitäten zu schaffen?



© Bildrechte: 5096.2
Bei Mischung zweier Bose-Einstein-Kondensate mit gegensätzlichem Spin entstehen binnen Mikrosekunden organisch wirkende Muster, sobald man ein Magnetfeld anstellt. Mit dem Konzept lässt sich vielleicht auch die kuriose Form des berühmten Krebsnebels im Weltall „erklären“. Aber was steuert die Entstehung gerade dieser Formen in der Natur?
Schon in den neunziger Jahren vermutete der Physiker und Mediziner Roger Penrose, dass Quanteneffekte in der Biologie eine Rolle spielen. Das menschliche Bewusstsein entstünde aus Superpositionen der Quantenzustände von Proteinfasern in Neuronen (Mikrotuboli). Ein Kollaps der Wellenfunktion in diesen Zuständen würde dem Gehirn eine Art Quantenberechnung ermöglichen, die Antworten auf Fragen offenbart, die mit den Regeln der formalen Logik nicht nachvollziehbar seien [17].
Erwiesen ist, dass Quanteneffekte für den außerordentlichen Wirkungsgrad der Photosynthese von mehr als 95% verantwortlich sind [18]. „Im so genannten Lichtsammelkomplex – einer wenige Nanometer großen Ansammlung aus Proteinen – werden die Photonen eingefangen und deren Energieportion in wenigen billionstel Sekunden an das gemeinsam umlagerte Reaktionszentrum weitergeleitet“ [19]. Vermutet wird auch, dass von Enzymen kontrollierte biochemische Reaktionen den quantenpysikalischen „Tunneleffekt“ nutzen, der den besonders effizienten Austausch von Wasserstoffionen ermöglicht. Einige Vogelarten wie das Rotkehlchen nutzen das Magnetfeld der Erde zur Navigation, auch hierfür könnten Quanteneffekte eine Rolle spielen – ebenso wie beim Geruchssinn. Der neue Forschungszweig der Quantenbiologie scheint zu bestätigen, dass quantenphysikalische Effekte zum Leben gehören.
Physik befasst sich meist mit einzelnen – maximal auch Wechselwirkungen zwischen zwei oder drei – Körpern unter idealisierten Bedingungen. Wenn aber mehr als zwei oder drei Faktoren wechselwirken, wird es schwierig [20]. In sogenannten chaotischen Systemen (Beispiele: Wetter, Börse, die menschliche Physis, Mehr-Körper-Pendel) kann schon eine minimale Änderung der Ausgangsbedingungen zu völlig anderen Ergebnissen führen (Schmetterlingseffekt). Ist nicht denkbar, dass in diesem Sinne die gezielte Gabe weniger Moleküle – oder sogar atomarer Partikel – gewaltige Veränderungen auch im Menschen anstoßen kann?



© Bildrechte: 5096.3
Vergrößerungen aus dem Rand der Mandelbrotmenge können mit einem einfachen iterativen Algorithmus als organisch wirkende Formen berechnet werden. Die Chaostheorie (Benoît Mandelbrot) brachte hierfür seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts die mathematische Grundlage.
Gibt es so etwas wie „natürliche Verschränkungszustände“ auch in unserem Lebensumfeld? Verschränkung könnte mehr sein als ein quantenphysikalisches Phänomen im subatomaren Bereich, vielmehr eine Art allgemeines Prinzip? Betrachten wir menschliche Beziehungen, Gefühle von Verbundenheit und Liebe, die zu einem gewissen „Gleichklang“ zwischen Individuen führen können, lassen sich ebenso „initiieren“, unterliegen aber „Störungen“, die aus kleinsten Anlässen resultieren. Der zweite Partner ist indifferent in seiner Zuneigung, bis der erste sich prüft und vielleicht auf die Frage „Liebst Du ihn?“ (Messung) mit „Ja“ antwortet. Und plötzlich kann sich auch der andere die Liebe eingestehen und sich festlegen.
Zum Erkennen der Welt ist ein gedankliches Verschmelzen mit der Wirklichkeit erforderlich. Wir erschaffen in der Wahrnehmung von den Dingen „Ideen“ in unserem Innern, die im Idealfall der äußeren Welt entsprechen – unser Gehirn „verschränkt“ sich erfolgreich mit der Welt. Wenn wir offen bleiben, weiter bereit sind, die Welt auf uns wirken zu lassen, bleiben wir d’accord mit ihr – ansonsten löst sich die Verschränkung, unsere „Meinungen“ verkrusten und verhärten, werden zu Vorurteilen, Verdrängungen, die sich von der Wahrheit trennen. Die Homöopathie sieht hier eine Wurzel von Krankheit. Nur wenn der Mensch in Einklang mit der Welt und mit seiner Lebenskraft „schwingt“, ist er gesund.
Die Homöopathie geht von der Erfahrung aus, dass Stoffe bestimmten Eigenschaften oder Symptomen entsprechen und diese bei Einnahme auch hervorrufen können. Sind bestimmte Krankheitssymptome vorhanden, ist derjenige Stoff zu suchen, der diese Symptome hervorrufen kann. Heilung wirkt nach dem Prinzip, Gleiches mit Gleichem zu vergelten (Simila similibus currentur). Dicke Nachschlagewerke listen detaillierte Krankheits- und Symptombilder (Arzneimittelbilder) auf und den Stoff, die passende Verdünnung. Denn Ziel ist es, für ein Individuum und seine spezielle Situation genau das Mittel zu finden, dass die Lebenskraft (oder sagen wir das Immunsystem) stimuliert, wieder Gleichgewicht herzustellen und damit Gesundheit. Das Mittel kann mit einer Gitarrensaite verglichen werden, deren Schwingung eine andere, gleich lange Saite im lebenden Körper zum Schwingen bringt und über diese Stimulation die Selbstheilung in Gang setzt [21]. Die Wirkung homöopathischer Präparate kann hochdifferenziert oder breit gefächert sein, die Wirkungen werden in aufwändigen Arzneimittelprüfungen mit Innenschau ermittelt.
Samuel Hahnemann, der Vater der Homöopathie, fand heraus, dass ein „Anstoß“ der Lebenskraft gezielter und effizienter gelingt, wenn die Mittel verdünnt werden. Doch die reine Verdünnung reicht nicht aus, es muss auf spezielle Weise geschüttelt, „dynamisiert“ werden. Dann sind selbst über die Avogadro-Grenze hinaus verdünnte Homöopathika, welche den Ausgangsstoff nicht mehr nachweislich enthalten [22], wirksame Arzneien.
Die Quantenphysik könnte sich eines Tages als mehr entlarven als nur eine Theorie fürs „unsichtbar Kleine“ und Unbelebte. Könnte es nicht sein, dass – auf den Menschen bezogene – Eigenschaften von Stoffen sich mit noch unbekannten Vorgängen im Menschen „verschränken“? Durch gleichsam „spukhafte Fernwirkung“ treten in Analogie zum Casimir-Effekt Impulse auf und beeinflussen den Metabolismus auf positive Weise? Einer der renommiertesten Quantenphysiker, Professor Hans-Peter Dürr († 2014), ehemaliger Leiter des Max-Planck-Instituts für Physik in München, vertrat die Auffassung, dass der Dualismus kleinster Teilchen nicht auf die subatomare Welt beschränkt, sondern vielmehr allgegenwärtig sei [23]. Der Dualismus zwischen Körper und Seele sei ebenso real wie der Welle-Korpuskel-Dualismus kleinster Teilchen. Seiner Auffassung nach existiere ein „universeller Quantencode“, in den die gesamte lebende und tote Materie eingebunden ist. Dieser Quantencode soll sich seit dem Urknall über den gesamten Kosmos erstrecken.
1.
„Information“ gilt zwar irgendwie als eine „Säule der Physik“, ist aber als „treibende Kraft“, die Emergenzen hervorbringt, nicht begriffen. Diese Kraft könnte wie das Graviton der Schwerkraft ein „Feld“ darstellen, nennen wir es in Analogie „Informaton“-Teilchen [24]. So wie das Higgs-Boson anderen Teilchen ihre Masse gibt, gäbe das Informaton-Partikel anderen Teilchen ihre Form und (Entwicklungs-)Richtung.
2.
Das Informaton-Teilchen verkörpert die sich in Emergenzen zeigende „gestaltende Kraft“. In der Chaostheorie wurde mathematisch beschrieben, wie mit dieser Kraft in dynamischen Systemen Formen und gleichsam strukturbildende „Gewohnheiten“ (Attraktoren) entstehen.
3.
Das Informaton-Teilchen existiert unabhängig von bisher bekannten Partikeln, kann sich aber quantenphysikalisch verschränken und auf höheren Stufen der Emergenz dynamische Systeme beeinflussen oder diese gar weiter emergieren.
Leugner der Homöopathie wischen deren Wirkungen gern pauschal weg mit dem Scheinargument: alles „nur“ Placebo-Effekt. Doch die klassische Medizin kann die unter dem Sammelbegriff „Placebo-Effekt“ erzielten Heilungen nicht wirklich erklären und bemüht sich auch gar nicht weiter darum – ein Beispiel für die Ignoranz der sogenannten klassischen Medizin. Was man weiß: Nach Placebo-Gabe ist ein Anstieg körpereigener Opiate zu verzeichnen. Wie und inwieweit Endorphine an Selbstheilungsvorgängen beteiligt sind, ist noch unbekannt. Wie funktionieren Selbstheilungsvorgänge? Hier wie in vielen anderen Bereichen herrscht in der klassischen Medizin Erklärungsnotstand – der gern der Homöopathie vorgeworfen wird. Warum werden diese Heilerfolge, die ohne Wirkstoff erzielt werden, akzeptiert, diejenigen der Homöopathie dagegen aggressiv angefeindet? Es drängt sich der Verdacht auf, dass die klassische Medizin nur an einer „linguistischen Lösung von Tatsachenproblemen“ (Karl Popper) [25] interessiert ist, d.h. lediglich unverstandene Phänomene mit Begriffen belegt und damit den Anschein von Wissenschaftlichkeit erzeugen will. Und dies ganz im Interesse der Pharmaindustrie, die mit – insbesondere in Deutschland – teilweise maßlos überteuerten Präparaten weiterhin gute Geschäfte machen möchte.
Ein Kranker, der leidet, wünscht sich nichts mehr als Heilung. Ihm ist unmittelbar klar, dass Rückzug auf das naturwissenschaftlich Plakatierbare nicht in seinem Interesse sein kann. Salus aegroti suprema lex: Das Wohl des Kranken ist oberstes Gesetz. Ein Arzt, der sich daran hält, wird nichts ausblenden, was dem Patienten helfen könnte.
Die Grenzen zwischen Physik und Metaphysik scheinen mitunter fließend: Nach moderner Stringtheorie ist die Welt nicht mehr als Schwingung in einem elf-dimensionalen, symmetrischen Raum. Materie, wie wir sie uns mit dem zitierten rationalen Alltagsverständnis als etwas „Handfestes“ vorstellen, existiert demnach nicht. Aber klassische Wissenschaft muss nicht metaphysisch werden. Sie soll lediglich weniger „ausblenden“ oder für „vernachlässigbar“ erklären, die Existenz des Noch-Nicht-Erklärbaren akzeptieren und einräumen, dass stets künftige Generationen mehr wissen werden als wir [26]. Albert Einstein: „Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.“ [27]. Man könnte ergänzen: Ohne Phantasie gäbe es keine Wissenschaft – und keinen Fortschritt.